Die zwischen Vätern und Kindern praktizierte Apartheid,
stellt wohl das größte Skandalon unserer wohlständigen Gesellschaft dar. (Raoul Schrott)
Einem gestandenen Mann und redlichen Vater von drei Töchtern wird die Beziehungspflege mit seiner Jüngsten, einem Kebskegel (nichteheliches Kind), gerichtlich untersagt.
Eine promovierte Familienrichterin verbietet dem männlichen Elternteil zudem das Schreiben von Briefen an das Kind.
Im Rechtsmittelverfahren verschlimmert die Kollegin der Amtsrichterin am Kammergericht die ursächliche Entscheidung und droht bei Zuwiderhandlung eine Geldstrafe in Höhe von 25000 Euro oder ersatzweise eine Haftstrafe von sechs Monaten an.
Die familiengerichtliche Intervention gefälliger Helferinnen der Kreidekreismutter und sakrosankter "Göttinnen in schwarzen Roben" hat zur Folge, dass das Kind fortan ohne Vater aufwachsen muss.
Die False Flag Operation der Soziologie- Psychologie-und Paragrafen- Schwätzer läuft unter dem zynischen und rechtlich unbestimmten Begriff des Kindeswohls.
Die törichte Blubberei kulminiert in der scharfsinnigen Expertenformulierung "Das Kind muss zur Ruhe kommen.", ein Totschlagargument der Sonderklasse für Dummies.
Für die Kräfte des Kindesfrevels ist die Auslöschung des Vaters aus dem Leben des Kindes die Umsetzung ihres archaischen Mutterbildes, einer Ideologie die eines Monsters bedarf. Dabei fühlen sie sich wohler als der beste Gutmensch, weil sie sich die Taschen mit "Euronen" füllen, während sie zugleich verkünden das Kind zu beschützen - vor dem Vater.
Von dieser Mär und permanenter väterfeindlicher Propaganda und brutaler staatlicher Willkür und Gewalt nicht Betroffenen bleibt nur der Gedanke "Es wird schon etwas d'ran sein."
Es ist nicht ungewöhnlich, dass das ständige Wiederholen großer Lügen, das stetes ideologisches Dauerfeuer und primitivster Agitprop nicht nur genügend Mitläufer und Wendehälse findet sondern auch partielle und zeitlich begrenzte Erfolge zeitigt.
Sind also Väter Ungeheuer?
Bin ich tatsächlich ein Monster oder wird "nur" clever ein Köhlerglaube von der Genderista der Familienzerstörung verkauft?
Mit welchem Backround ich zum Untier für eine meiner Töchter (gemacht) wurde soll "Bolles (wahre) Geschichte" erhellen...
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geschrieben zur Jahreswende 2018/19
Gliederungskonzept
Von der Elbe bis zur Laake
Bolles Geschichte
Das Kalenderjahr zwanzig 18 geht dem Ende zu.
Meist nicht sichtbar gibt es ihn noch immer.
Den in der Mitte des vorigen Jahrhunderts gepflanzten Herzwurzelbaum,
den Bollmann-Suter-Lebensbaum.
Seine Hauptwurzeln sind inzwischen allesamt über sechzig und haben ein kompaktes standsicheres Wurzelsystem gebildet.
In der heutigen Geschichte geht es vorrangig um den ältesten Sproß.
Mich.
Bolle, den besten Bruder aller Zeiten und nervtötensten Ehemann.
Seit dem 4.Quartal bin ich Partikülier.
Das war keine große Leistung, nur Zählebigkeit.
Jeder altert.
Die geldwerten Überweisungen für besonders langjährig Versicherte auf mein Konto belasten nunmehr die Rentenkasse. Zumindest ein kleines, klitzekleines bisschen.
Das Finanzamt wird sich bemühen mich vom sozialverträglichen Frühableben zu überzeugen und, bis es soweit ist, noch einige Euronen für Vater Staat, der ein gieriges Mütterchen ist,"abzuzweigen".
Da bin ich mir sicher. Der Pawlowsche Geldgierreflex wirkt und(!) ich bin ein Mann, Leistungsträger, Spezies Vater.
Mit dem Eintritt ins reguläre Rentenalter schließt sich in gewissen Sinn für mich the circle of my life, der Kreis meines Lebens.
Rasenmähen, Heckenschneiden, Vertikutieren, Gießen, Harken, Säen, Düngen und Pflanzen sind Aktivitäten die der Gesundheit und dem Wohlbefinden zuträglich sind und denen ich mich, obwohl Gartenarbeit und grüner Daumen für mich Kapiel für sich sind, gern widme.
Noch heute wird die Geschichte erzählt in der ich als übermütiger Knabe unseren Pflaumenbaum im Dessauer Garten obereifrig mit einem Fuchsschwanz verschnitt und dabei nicht beachtete, dass ich auf dem Ast, an dem ich herumsägte, saß. Zum Glück stand der Baum neben dem Komposthaufen.
Ich fiel also weich.
Mein Optimismus fiel nicht und blieb über die Jahrzehnte.
Jetzt habe ich in Karow einen cercis chinensis "Avondale", einen chinesischen Judasbaum, gepflanzt.
Sind es nicht drei Dinge die ein Mann tun muss ?
Eine Bären vergewaltigen, eine Indianerin erlegen und einen Baum pflanzen - oder so ähnlich.
Mein Baum ist noch 80 Zentimeter jung.
Das Pflanzen eines Baumes ist Ausdruck von Optimismus, Lebensfreude und Zuversicht.
"Wer einen Baum pflanzt, wird den Himmel gewinnen", meint Konfuzius und so´n oller Gelehrter muss es ja wissen.
Ich komme also doch in den Himmel.
Irgendwann.
Die Vorstellung jetzt bereits harfezupfend und durstig neben dem Engel Aloisius auf einer Wolke sitzend, den Zeitplan der himmlischen Hausordnung folgend zu frohlocken und ab und an ein Hosianna "Luja, Luja, Halleluja" in die Weiten des Himmels zu schicken, behagt mir nicht.
Ich bin ein Preuße mit anhaltinischen Migrationshintergrund, voll integriert im Berliner Speckgürtel und stolz auf meine Wurzeln im Land der Frühaufsteher.
Ein Hosianna ist nicht mein Ding.
Und so habe ich im laufenden Jahr nicht nur einen Baum gepflanzt sondern mal wieder das Wichtigste vollbracht.
Ich habe das Atmen nicht vergessen, meine Vergesslichkeit hielt sich in Grenzen und so bin ich am Leben geblieben - zwar nur noch mit 87 Kilo Bollegewicht und einen BMI unter 27. Aber immerhin.
Die Kardiologen vermehrten meinen Stentreichtum und nun will ich der Rentenversicherung so lange wie möglich als Kunde erhalten bleiben.
Mein "Oxygenium-Bewegungs-Lebenskreislauf", mein Weg zu gesunder Luft und vernünftiger Betätigung schließt sich nicht erst mit dem Pflanzen eines Judasbaumes im selbst gewählten Berliner Stadtrand- und Altersdomizil Alt-Karow.
Der Fäkaliendampf, den die hiesige Grubenabfuhr ihren schweren Güllefahrzeugen entweichen lässt, beinträchtigt die gesunde Alt-Karower-Luftqualität weniger als der Stickstoffoxid-Ausstoß des fließenden Verkehrs in der nahen City Berlins.
Vielleicht kann ich, der intendierten Wirkung der Diagnose koronare Dreigefäßerkrankung mit Aortenektasie zuwider, durch gesunde Lebensführung, mit selbstproduzierten Judasbaum-Sauerstoff und(!) mittels trick-und erfolgreichen Kartenspiels mit dem Boanlkramer diesem noch ein mehr an Lebenszeit abtrotzen und durch ein längeres Erdenleben die Rentenkasse schröpfen.
Noch sind nicht alle Würfel gefallen, obwohl sich „Freund Hain nit abwenden läßt mit Gewalt, mit Güt, mit Treu und Bitt.“
Das gilt für jeden von uns.
Doch bis dahin gibt viel zu tun.
Noch gibt es Orte die bisher nicht in die Gunst meiner Aufwartung kamen und die es gilt zu besuchen.
So ist das zum Beispiel mit Hamburg.
Ich war noch nie in Hamburg.
Nun gut.
Einmal in diesem Sommer bin ich im Stau außen herum geschlichen und retoure auf dem kürzesten Weg durchgebrettert.
Kennengelernt habe ich die Stadt nicht.
Dabei liegt Hamburg an der Elbe.
Und die Elbe ist für unsere family eine Art Schicksalsfluss.
"Elwe" ist mundartig und so Anhaltinisch markant wie "Lewerwurscht".
Von Dessau nach Hamburg sind es etwa 152 Meilen. Luftlinie.
Preußens City liegt ein paar Werst näher an der Küstenmetropole.
Wieviel Liter Elbwasser zwischen meiner Geburtsstadt Rozelowe und der Friee un Hansestadt Hamborg fließen vermag niemand so "janz jenau" zu sagen.
Mal mehr, mal weniger und mal ist die Elwe och janz wild, "hochwasservernarrt" und besucht ihre Anwohner im Keller ihrer Häuser.
Ungebeten.
Immer wieder taucht der Fluss im Leben meiner Familie, in den Biografien meiner Mischpoke auf, mal mehr, mal weniger doch stets frappant, verblüffend.
Sie, die Elwe, gehört fast wie ein Familienmitglied in "Bolles Familienalbum".
Nicht als etwas mystisch Dunkles. Mehr vielleicht als Stichwortgeber für familiäre Anekdoten, u.a. von und über Kurt, meinen riesig kleinen Opa und seiner Frau, meiner Oma Else.
Kurt und Else.
Flussschiffer, die nicht schwimmen konnten und jahrelang auf der Elbe zuhause waren bevor sie sich an ihrem Ufer niederließen.
Ich war ihr erster Enkel, geboren in der Schifferstadt Roßlau/Rozelowe an der Elbe und dort traditionsgemäß mit Elbwasser getauft worden. Meine Mutter war Teil des glockenklaren Stimmbildes des Kirchenchores und so war der Ritus der Taufe vorgegebene Pflicht.
Während mein Vater 1953 in der Uniform der Kasernierten Volkspolizei zigarettequalmend vor dem Gotteshaus wartete erlebten Anwesende in der Kirche meine erste Begegnung mit Elbwasser als ein "Brüllen wie am Spieß". Zumindest haben Zeit- und Augenzeugen meiner Taufe das Geschehen derart einprägsam geschildert.
In späteren Jahren rächte ich mich an Mütterchen Elbe nachhaltig indem ich in ihre Wassermassen spuckte, badete und pinkelte.
Im Gegenzug forderte der Fluss meine ungestüme Kraft und mein jugendliches Können beim Segeln und Kutterpullen heraus.
Doch die Elbe und ich schlossen Frieden und ich genoß fortan das leichte Wellenspiel des Elbwassers zumeist als Passagier auf Fahrgastschiffen.
Das ist weder schweißtreibend noch beschert es Muskelkater und Schwielen.
Das Elbsandsteingebirge, das Kornhaus in Dessau, die Städte Magdeburg, Dresden, Usti nad Labem und Decin lernte ich zuerst von der Wasserseite aus kennen.
Obwohl ich mich im Laufe der Jahre in die Wasser des Orinocos, des Rheins und der Spree stürzte blieb ich der alten Dame Elbe, einer geborenen Labe, bis zum heutigen Tag treu.
Egal von wo ich anreise, kaum irgendwo in Elbnähe, stellt sich bei mir das Gefühl der Begrüßung und der Heimatnähe ein, ob nun als gefühlte, wässrige Verbindung von einem x- beliebigen Ort ihres 1100 Kilometer langen Flusslaufs oder direkt beim Überqueren der Roßlauer Elbbrücke auf der B184.
Wenn auch der Strom "nur" eine Länge von schlappen 680 Meilen aufweisen kann habe ich bisher weder die Quelle der Elbe im Riesengebirge noch ihre Mündung in Cuxhaven besucht. Von den drei Großstädten die das Elbwasser (nicht nur für Taufzwecke) nutzen können kenne ich Dresden und Magdeburg.
Wie gesagt, in Hamburg an der Elbe war ich noch nie.
Folgt mir deshalb bei meinem Circle of Life.
Es war nicht die Klapsmühle in der mich am Donnerstagnachmittag des 3.September 1953 die Hebamme mit einem Klaps/Klatscher auf den Po, kaum das ich den Mutterleib verlassen hatte, begrüßte.
Ich schluchste einmal kurz und mit einem kräftigen Brüller gönnte ich mir die Frischluftzufuhr, die von den Roßlauer Elbauen beständig in die alten, zweigeschossigen Häuserschluchten der Kleinstadt am Fluss geblasen wurde.
Mein Start ins Leben begann gesund.
In der Elbe konnte gebadet werden und die sachsen-anhaltinische Luftqualität in Roßlau, damals eine eigenständige Stadt und Nicht-Dessau, war gut.
Zumindest so lange wie ich meine Mutter allein erziehen konnte.
Kam mein Vater auf Urlaub von der KVP (Kasernierte Volkspolizei) oder später vom Dienst in der Roßlauer Schiffswerft nach hause änderten sich die Luftverhältnisse rapide.
Mein alter Herr war in den besten Jahren und ein Zigarettenjunkie.
Wäre ihm damals prophezeit worden als Nichtraucher in einem bayerischen Luftkurort zu leben, ein mitleidiges Grinsen wäre wohl seine einzige Reaktion gewesen.
Das Verfemen des Rauchens, die Ächtung von Tabak und Zigaretten lag zu Beginn der 2.Hälfte des 19.Jahrhunderts in weiter Ferne. Blauer Dunst war in. Ihn gab es überall, in Gaststätten, bei Versammlungen, bei Feiern, im Film und im Schwarz-Weiß-Fernsehen, wo er scheinbar Bildstörungen kaschierte. Dabei war der Witz, wonach Indianer mehr Bleichgesichter mit Tabak und Rauchen umgebracht hätten als mit Pfeil und Bogen, durchweg bekannt.
Für die Qualmschwaden in der Roßlauer Bandhauerstraße fühlte sich mein Vater zuständig.
Häufig "flüchtete" meine Mutter mit mir, den treuen Schäferhunden im Dienst der Polizei, Asta und Fred, über die in der Nähe fließende Rossel auf die Elbauen. Hier wehte stets eine erfrischende Briese und die Erinnerungen an die ausgiebigen Spaziergänge und Picknicks an der Elbe prägten sich bei mir ein.
Bald war ich der Große.
Zwei Schwestern gesellten sich zu mir.
Dem Leibchen war ich schnell entwachsen. Dennoch begleitete mich das Verniedlichungs-I noch Jahre. Mutter besaß eine glockenklar-schrille, im Kirchenchor erprobte Stimme. Gerti und Sohni hallte es oft lautstark im Haus, über den Hof bis hin zu den Holzverschlägen in denen die Plumpsklosetts eingebaut waren. Je nachdem wie langgezogen das I erklang, ob Gertiii! oder Sohniiiiii!, war zu erkennen, wie der Grad des Unfugs, den ich angerichtet hatte, von der Obrigkeit bewertet wurde.
Nicht jeden Schabernack konnte ich meinen Schwestern unterschieben.
Leider.
Keineswegs aufgrund erwiesener Klugheit musste ich, kaum eingeschult und noch nicht in der Lage in der Fibel "Oma im Bett" zu lesen oder bis hundert zu zählen, die Schule wechseln.
Wir zogen um.
Ich verabschiedete mich schweren Herzens von Asta und Fred, vom Pferdeschlächter Opitz und den Jagdwurstscheiben mit Senfkörnen, meinem väterlichen Freund Karl Rugies, Tante Wally und ihrem spindeldürren, stets zitternden Rehpinscher und versprach der Nachbarsfamilie Straßer nie wieder ihre beiden Töchter zu ärgern.
In die Bandhauerstraße zog wieder Frieden ein. Selbst die Hühner auf dem Hof, die mich bei jedem Gang zur Latrine attackiert hatten, schienen aufzuatmen. Der Wellensittich Bubi, dem ich aus Versehen die große Schwanzfeder stibitzt hatte, konnte fortan sein geruhsames Vogelleben bei Oma Else und Opa Kurt fortsetzen.
Unser 1961er Umzug von Roßlau nach Dessau, in die fünf Kilometer entfernte Geburtsstadt meines Vaters, war kein einfacher innerstädtischer Wohnungswechsel.
Es war ein bedeutender Wechsel, weg von der oft stinkenden, gemauerten Gosse neben dem Fußweg über die das Roßlauer Abwasser aus der Stadt gespült wurde, weg vom hölzernen Plumpsklo und heimischen Nachthafen und hin zur klassischen Wassertoilette mit hohem Spülkasten in einer größeren, fast herrschaftlichen Wohnung in der Dessauer Werderstr.11.
Was störte die Toilettengröße von knapp einen Quadratmeter, der verrostete Wasserkasten mit stets defekten Schwimmer und das kleine Fenster zum Flur, welches die von uns produzierten Düfte ins Treppenhaus leitete? Wir wohnten oben.
Freitags kam die Zinkwanne in die Küche und alles was Bollmann hieß wurde gebadet.
Was störte es, das noch eine ältere Dame ein Zimmer der Wohnung bewohnte?
Was störte mich das Fehlen des Hauses Werderstr.12?
Was störte mich das Fehlen des Balkons an meinem Zimmer?
Die schlimmen Dessauer Bombennächte lagen erst 16-17 Jahre zurück.
Als Erstklässler des Jahres 61 zählte für mich nur das eigene Zimmer, meine erste Stube, eine schmale ehemalige Personalkammer, zur Alleinnutzung.
Ich war glücklich.
Die Verschlechterung der Luftqualität kam schleichend und zunächst unbemerkt.
Vater quarzte weiter und verpestete, mein eigene Bude ausgenommen, die Luft mit Casino, Turf und Salem. Die 1958 eingeführte erste DDR-Filterzigarette f6 konnte er sich nicht leisten. Für mich war es nicht ungewöhnlich bei knapper Familienkasse, das war fast ein Dauerzustand, meist freitags zur Konsum-Verkaufsstelle an der Ecke zu gehen und einzelne, filterlose Zigaretten "Für Vater!" zu kaufen, die ihm übers Wochenende vom selbsternannten Feldwebel der Familie, Mutter Sonja, zugeteilt wurden.
Der Kauf von Zigaretten und auch Alkohol, meist für Tauschgeschäfte mit russischen Soldaten, die oft tagelang in Güterwaggons auf den Bahngleisen vor unserem Wohnhaus auf den Weitertransport warteten, war, trotz Jugendschutzverordnung, für mich problemlos. Kein Gertii, ein Gert, der gewiß schon so richtig groß und erwachsen aussah...
Ich besuchte die Schule, hatte viele Freunde, schraubte mir ein schrottreifes Fahrrad "mit ohne jeglicher" Gangschaltung zusammen, machte Dessau-Nord mit meinen geflickten aber heißen Reifen vom Schillerpark, über Beckerbruch, Wallwitzhafen bis zu den Elbauen an der Elbbrücke nach Roßlau unsicher und: ich blieb gesund!
Auch, weil ich in der ersten Klasse das Rauchen aufgab.
Mein erster und letzter Rauchversuch endete kläglich.
Nachdem ich mit gleichgesinnten Recken Mutters Nähkorb geplündert, die erbeuteten Nähgarnreste von den Papprollen entfernt und die so "Befreiten" mit Tabak gestopft hatte, lief ich beim Schmauchen und Paffen der selbstgestopften Zigaretten aus Nähgarnpapprollen grün an. Der Tabak veranstaltete starken Tobak mit mir oder, angelehnt an Wilhelm Busch:
"Rums!! – Da geht der Tabak los
Mit Getöse, schrecklich groß.
Warum soll der Bolle rauchen,
Wenn sein Magen nicht zu brauchen?"
Manches fiel mir aus dem von Schmerzen zerknautschten Gesicht während ich mit gepresster Stimme ein leises "Nie wieder!" durch die Zähne schob.
Gut, das der erste Versuch mit einer derart einprägsamen Magen-Darm-Rebellion, Husten und Japsen endete. So war zumindest meine Abgewöhnungsphase des Rauchens eine kurze, wesentlich kürzer als die mehrfachen Versuche meines Vaters in späteren Jahren.
Kurioserweise empfand ich die (selten weißen) Rauchschwaden, die die mehrmals täglich an unserer Straße vorbeischnaufenden Dampfloks der Dessau Wörlitzer Eisenbahn (DWE) ausspuckten, weniger belastend als das regelmäßige Läuten der Glocken der nahegelegenen Petruskirche in der Wilhelm-Müller-Straße. Wir wohnten in der Nähe des alten Bahnhofs und die Wörlitzer Bimmelbahn besaß sogar einen (selten eingehaltenen) Fahrplan, aber sie beeinträchtigte unser Leben geringfügiger als die meist pünktlich den Herrn anrufende protestantische Kirche mit ihrem Geläut.
Insbesondere das vormittägliche Läuten an Sonn-und Feiertagen ließ mich oft erschrocken, (ohne Einwirkung von Pomade) mit steil nach oben aufgerichteten Haaren, aus dem Bett hochfahren. Süße Träume, ade´!
Anders sah dies in der Woche aus, weil das 18-Uhr-Geklingel für uns Kinder die Aufforderung war den Weg nach hause zu nehmen.
In den Siebzigern besaßen wir Dessauer Sonnenköppe und Roßlauer Elbräuber noch keine täglich nutzbaren Uhren (die "Güldenen aus dem Westen" wurden daheim wohlverwahrt). Dennoch überlebten wir ohne GPS, Smartphone und Fitness Tracker - und auch dank des zuverlässigen abendlichen (!) Kirchenglockenläutens.
Irgendwie verlief das Leben in der anhaltinischen Provinz so geruhsam wie eine Fahrt mit der Wörlitzer Bimmel, bei der es verboten war während der Fahrt Blumen zu pflücken und über die offenen, nur durch Scherengitter gesicherten Wagenübergänge von Wagon zu Wagon, von der Spitze des Zuges zu seinem Schlusslicht, zu laufen.
Wegen dieser, für uns unvergesslich rasanten Fahrten ins Gartenreich nach Wörlitz trauerte meine ganze Sippe als die Bahn stillgelegt wurde.
Zumindest ein bissel.
"Die Fine", ein emsiger Luftverpester, der relativ zentral in der Stadt liegt, führte unsere Hitparade der innerstädischen Umweltsünder weit vor dem Waggonbau und dem Gasgerätewerk an. Autoabgase spielten damals noch keine Rolle.
Der fröhliche Geselle Wind erwies sich als zunehmend ausdauernder Bläser, der den in der "Fine", dem im VEB Gärungschemie produzierten ätzenden Gestank scheinbar mit Vorliebe in nordöstlicher Richtung über die Stadt, über den Rosenhof, die Stillinge bis zu den Flussauen verteilte.
Ich glaube, es gab sogar Tage an denen die gesamte Population von Meister Bockert, dem Elbbieber, die Nasen, ob der verbreiteten faulig schlechten Luft rümpften und sich in ihre Knüppelburgen verkrochen.
Manchmal wünschten wir uns wie die Bieber die Nase verschließen zu können.
Doch das war nicht einmal direkt vor Ort möglich.
Einen Nebenjob als Schüler im Bereich der Futterhefeabfüllung des VEB Gärungschemie musste ich bereits nach der ersten Nachtschicht abbrechen, weil zum Arbeitsbeginn die gesetzlich vorgeschriebenen Atemmasken fehlten und, als sie endlich vom Vorarbeiter aufgetrieben waren, sich als undicht erwiesen. Der Dreck in der Luft nahm den kurzen Weg, legte sich auf meine Lungen und mich flach. "Hallo, Doc!" und mein Job war beendet.
Das unter dem Motto "Die Chemie gibt Brot, Wohlstand und Schönheit" durchgesetzte Chemieprogramm der DDR war offensichtlich nicht für mich gedacht.
Ich war schon schön (grins).
Was Schönheit mit Gestank und Mief, mit qualmenden Schloten, die dunkelgelbe, breiig wirkende Dampfwolken ausspuckten, die nur quälend langsam an Höhe gewannen, gemein haben soll erschloss sich mir bei Zugfahrten durch das Dessauer Industriegebiet und entlang des Elektrochemischen Kombinates Bitterfeld und der Farbenfabrik Wolfen ohnehin nicht.
Meine Heimat, der Chemiebezirk Halle, war mit Fabrikschornsteinen so übersät wie heute Windräder vielerorts die Landschaft verschandeln.
So mischen sich in meine wunderbaren Kindheits-und Jugenderinnerungen auch stets die vom ungesunden Tun und unfreiwilligen Konsum schlechter Luft mit dauerhaft eingeprägten Bildern von schmutzig grau brodelnden Wassermassen mit weiß-gelben Schaumkronen, die sich über die zerstörten Reste des Gestänges (Muldewehr) ergossen.
An der Elbe mehrten sich zunehmend Badeverbote.
In einem der einst fischreichsten Flüsse Europas konnte ich, der Nachwuchs-"Fritze Bollmann", eher die Schwarz-Weiß-Filme meiner Spiegelreflexkamera entwickeln als Fische fangen.
Doch Fishing war ohnehin nicht Bolles Welt.
Ich probierte und testete anderes, alles, aus, ob vorübergehend als Hof-und Leibfotograf der Tanzgruppe des VEB Gärungschemie (Hätte ich je gedacht, das diese Truppe der Grundstein für die Revuetanzgruppe Showtime Dessau-Roßlau wird und meine Schwester Gabi Haupttrainerin, Vorstand und künstlerische Leiterin?! Nein!) oder als enthusiastischer Reporter in der Jugendredaktion der Lokalzeitung "Freiheit".
Auf meiner Werde-groß-und-erwachsen-Agenda stand das Lernen,
als carpe diem (in der deutschen Übersetzung des "Nutze den Tag"),
als "Lernen, lernen und nochmals lernen" (der berühmte Satz mit dem Wladimirs Klassenlehrer dem späteren Lenin das Abschlusszeugnis der achten Klasse überreichte) und
als "Von dem und dem Lernen, heißt siegen lernen " (oder wie es auf sächsisch heißt: "Siechen lernen") ganz obenan.
So ist es auch nicht verwunderlich, das neben Robin Hood, Ivanhoe und Tokei-ihto, einem Sohn der großen Bärin, mein Lieblingsbuch und Fernsehfilm der zu Ende gehenden Siebziger den Titel "Ohne Kampf kein Siech...,äh,Sieg" trug.
Ich lernte und lebte das unbeschwerte Leben eines Heiden im offen-neugierigen Alfons-Zitterbacke-Universum. Die dunkle Welt eines Harry Potter war noch nicht ersonnen.
Viele meiner besten (Lausbuben-)Geschichten, seien es die von der Glucke, so nannten wir den Klassenlehrer der uns von der dritten bis zur achten Klasse begleitete und mir (mehrmals) einen Rausschmiss aus der Schule ersparte, sei es die vom Ausbüxen mit Kumpel Manfred in den "Haideburger Sherwood Forest" mit der Faust im Nacken an der mein Vater "hing" oder gar die Geschichte der großen Suche meiner Oma, die mich nicht finden konnte, weil ich von meinen Schwestern, wohlverschnürt und geknebelt, unters Bett geschoben wurde, bleiben heute und hier so wenig erwähnt wie die Lobpreisung von Vaters Hefeklössen und Stollebackkünsten.
In den Dessauer Jahren legte ich mir Wissen zu, erwarb Fähigkeiten unterschiedlichster Art.
Ich lernte also - in der Schule oft nur mit halber Kraft.
Es gab Wichtigeres.
Für mich.
Ich lernte, das platonische Liebe schön, der Aufwand zu meiner Bitterfelder Freundin Liane mit dem gangschaltungsfreien Fahrrad mit Mifa-"breit"Reifen zu radeln (nur) um ihre keck im Sonnenlicht wippenden blonden Zöpfe zu bewundern, anstrengend war und, bei einer einfachen Strampeltour von ca.35 Kilometer, nicht zwingend verhältnismässig.
Ich lernte das Wörtchen "ahoj" zur Begrüßung zu mögen und meiner Jugendliebe Ika (Jirina) ein "Miluji tě můj miláček." ins Ohr zu flüstern.
Sie teilte das gleiche Schicksal wie ich.
Ika nervten oft ihre ältere Schwester Magda und der jüngere, vorwitzige Bruder Jaromir.
Bei mir übernahmen meine jüngeren Schwestern Gabi und Christina diese Aufgabe gern und liebevoll.
Ich lernte auch, das die Luft in Mlada´ Boleslav nicht unbedingt besser und gesünder war als in Dessau, aber im Prager U Fleku verträglicher, weil die Halsknorpel angefeuchtet werden konnten.
In den Siebzigern erweiterte ich meine kognitiven Fähigkeiten.
Ich erkannte, das die Arbeit in der Chemieindustrie, nach dem Malheur in der Futterhefe der "Fine", "nix für Mutters Sohn war".
Als Arbeiter in der Dessauer Brauerei konnte ich zwar, zur Freude meines Vaters, billiges, nierenspülendes Deputat-"Helles" gegen "Dessator" tauschen, doch als Lebensziel war dieses Können nicht geeignet.
Einen Sommer lang vertrieb ich mir die Zeit beim Segelflug, lernte dann jedoch (zur Freude meiner Oma Else) die deutsche Sütterlinschrift sowie Stenographie (in einen vom eigenen Taschengeld finanzierten Kurs). Sodann verbrachte ich meine Freizeit mit Winken und Morsen, machte am Süßen See im Mansfelder Land den Barkassenschein, erwarb die notwendigen Kentnisse der Binnen- und Seewasserstraßenverkehrsordnung, jagte in Superzeit über die Knotenbahn und kämpfte beim Kutterpullen vom Seestützpunkt Leopoldshafen der Gesellschaft für Sport und Technik (damals Eigentümerin der Insel) nach Roßlau gegen die Kraft der Elbe.
Den sonstigen fürs Leben notwendigen und üblichen Bildungskladderadatsch erlangte ich ab neunzehn68 am Dessauer Philanthropinum. Selbst ein Tanzkurs mit Abschlussball im Kristallpalast ließ sich nicht vermeiden. Puh!
Durch Walzer, Schleicher und Foxtrott wurde ich körperlich "geschmeidig" und an der altehrwürdigen Penne geistig "reif", erlangte die Mittlere und 1972, mit einem Zensurendurchschnitt näher an der zwei als an der eins, das Abitur.
Einige Wochen spielte ich an der Küste Seemann, den "blonden Hans Gert", fuhr auf der "Freundschaft", einem umgebauten Logger und ehemaligen Hilfsschiff der Volksmarine und verfügte kurzzeitig als Adresse und vorübergehenden Heimathafen die GST-Marineschule „August Lütgens“ in Greifswald-Wieck.
Ich lernte die Seekrankheit bekämpfen und befolgte Tipps, die mir während der Abiturzeit an der Erweiterten Oberschule Philanthopinum vorenthalten wurden, wie zum Beispiel "Spuckst du nach Luv, kommt ´s wieder ´ruf. Spuckst du nach Lee, geht´s in die See."
Das war echtes Lernen für´s Leben.
Es war eine tolle Zeit mit viel Bewegung und klarer, frischer Seeluft, die ich allerdings bald gegen die eiskalte Luft in den Lagerhallen des Kühlhauses in der Dessauer Lessingstrasse eintauschte.
Ich hatte meine Immatrikulation zum 01.September 1972 an der Offiziershochschule der Volksmarine "Karl Liebknecht" in Stralsund, seemännische Laufbahn, gecancelt.
Zum Großwerden und Lernen gehört es auch Entscheidungen rückgängig zu machen, wenn sie sich als fehlerhaft herausstellen.
So war es hier.
Durch den Wegfall des Studienplatzes zog sich mein Aushilfsjob als Kühlhausarbeiter in die Länge. In der Freizeit stromerte ich mit und ohne Rad durch die Elb-und Muldauen oder rackerte in unserem Schrebergarten am Schillerpark in der Kleingartenanlage mit dem "tollen" Namen Erbring.
Ich machte die Erfahrung, das auch im Sommer weder Filzstiefel, Wattejacke noch Pelzmütze vor einer dauernd triefenden (Kühlhaus-)Nase schützten. Einen "Tanz" in dieser Montur, mit Fleischerhaken in der rechten Hand und gefrorenen Schweinehälften oder frischen Rindervierteln im linken Arm, empfehle ich noch heute jeden Abiturienten um Achtung und Wertschätzung vor körperlicher Arbeit und denen, die derart ihren Lebensunterhalt bestreiten, zu erlangen.
All meine jugendliche, nicht vorrangig zum Muskelaufbau gedachte Plackerei, all das jahrelang quere Lernen endete zunächst eigenartig und absurd mit der Einberufung zum Wehrersatzdienst.
Ab November 1972 kleidete ich mich sonderbar und irrte als grünes Männchen durch Preußens Kiefernwälder in der Nähe Berlins.
Die seltsame grüne Kleidung, die mir Ende 1972 übergestülpt wurde, brachte keine Bewegungseinschränkungen, jedoch erneut Änderungen der Luftqualität mit sich.
Dabei sah es zunächst gar nicht einmal so schlecht aus.
Basdorf.
Ein Angerdorf in der Nähe Berlins.
Eine selbständige Gemeinde inmitten üppiger Kiefernwälder.
Vielleicht gar ein Ort der Idylle, ein Fleckchen Erde zum Urlaub machen?
Das trifft heutigentags wahrscheinlich zu.
Leider war ich kein Urlauber sondern wurde mit anderen, für diesen Ort gemusterte junge Männer herangekarrt und morgens gegen vier von der Ladefläche eines LKW in der Garnison am Rande Basdorfs ausgekippt. Mein sogenannter Wehrersatzdienst in der 19.Volkspolizei-Bereitsschaft "Robert Uhrig" begann im Laufschritt und mit diffusen Befehlen:
"Aaachtung!"
"Kompanie in drei Reihen angetreten. Marsch!"
"Stillgestaaanden!"
"1.Glied zwei, 2.Glied einen Schritt vorwärts. Marsch"!
"Gaaanze Abteilung kehrt!"
"Bücken!"
"Morgen ihr Arschlöcher!"
Es folgten 18 erlebnisreiche Monate mit viel Bewegung im Kampfanzug mit grünem Käppi, Stahlhelm und Schnuppersack. Oft irrten wir in Märkischen Kieferwäldern umher und schleppten 82-mm-Grantwerfer und AK Kalaschnikows mit eingeklappter Schulterstütze durch den Sand, um sie anschließend zu reinigen.
Ich erlebte eine 08/15-Zeit, die dem Kasernendrill und Abenteuern des Gefreiten Asch vor Kriegsbeginn zu ähneln schien und mir -gottlob- die Abenteuer eines Werner Holt ersparten. Das einzig Gute an meiner Wehrersatzzeit in der Garnison Basorf war der befehlsmässige (und somit kostenfreie) Erwerb der Fahrerlaubnis. Fortan konnte ich Robur LO, Ifa W50 und (nach einem speziellen Kurs) das Tanklöschfahrzeug der Garnison, die "rote Lola", fahren. Später bereicherte ein alter Wolgafunkwagen und noch viel später der Trabant 601 meines Freundes Micha meine Fahrerfahrungen.
Die "rote Lola" bescherte mir eine große Anzahl von 24-Stunden-Wachen, sogenannter Feuerwachen. Das war nicht schlecht. Ein formidabler Job. Fast so gut wie Arrest. Ich konnte abgammeln und war meist nur mit der Frage beschäftigt "Brennt´s oder brennt´s nicht ?"
In meine Dienstzeit fielen die Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Berlin.
Ein pompöses, gewaltiges Spektakel mit dem für uns Grünarmisten großen Vorteil polizeiliche Aufgaben in Berlin wahrnehmen zu müssen ( und sei es "nur" Bereitschaftsitzen bei bester Verpflegung in der Keibelstraße am Alex) statt schweißtreibend Granatwerfer von A nach B zu schleppen und auf-und abzubauen.
Das Sahnehäubchen der vielen Einsätze in der Hauptstadt bestand im Konsum von Berliner Luft und Kultur. Sämtliche Theater konnten in Uniform mit Freikarten oder kostengünstig besucht werden - und auch die Disko "Sputnik", ein Geheimtipp in der Greifswalder Straße, wurde gefunden.
Das was uns Wehrpflichtigen den Nichturlaubsaufenthalt in der Garnison Basdorf allerdings, neben der ständigen Gefahr einer Zwangsbekanntschaft mit dem Militärstaatsanwalt, am meisten vergällte war nicht das aufgeplusterte Herumgegockel der vorgesetzten Herrschaften in ihren Reiterhosen mit heiserer Befehlskräherei, nein.
Noch vor dem strammen sozialistischen Offizierscorp und dem unsichtbaren Klassenfeind rangierte ein anderer.
Unsichtbar und ätzend.
Der örtliche Abdecker.
Ein notwendiger Beruf wie einstmals der des Henkers.
Naserümpfen gehörte zur "Wertschätzung" der Arbeit des Abdeckers, Wasenmeisters oder Schinders beim VEB Tierkörperverwertung Basdorf, Betriebsteil des Fleischkombinats Frankfurt/Oder.
Mit seinem emsigen Wirken produzierte der Abdecker beißenden, durch alle Poren dringenden Gestank, der sich bereits beim Frühsport um 5.30 Uhr bleiernd schwer auf unsere Mägen legte. Das penetrante Gemüffel verfärbte die Gesichter der größten Gladiatoren vor der Essenseinnahme grün. Manch einem Soldaten fiel ohne Feinberührung mehr als ein Zahn aus dem Gesicht. Die Fresslust und der Appetit der Armisten nahm immer dann, wenn der Abdecker einen "besonders fetten Brocken auf der Pfanne hatte", noch mehr ab als an Komplekte-Tagen.
Zu meinen Erinnerungen an die Garnison Basdorf und an die Tage, an denen der Abdecker die Fresslust der Insassen nicht beeinträchtigte, gehören Bilder von Wehrpflichtigen in Stiefeln, die im großen Speisesaal auf Tischen stehend, die Arme abwechselnd nach oben nehmen und meterweise Garn von den zu ihren Füßen auf Plasteschalen liegenden Rouladen abwickeln. Eigentlich hätten die sich lustig drehenden gefüllten Fleischrouladen den Namen Rollladen tragen müssen. Naja. So war das beim Kommiss. Manch Koch hatte soviel Zeit in der Kombüse um zur Freude seiner "Kunden" eine ganze Garnrolle um eine einzelne 100-Gramm-Fleischroulade zu wickeln. Auf diese Art und Weise wurde zumindest das erforderliche Mindestgewicht der Fleischportion für die Essenausgabe erreicht, wobei anzumerken bleibt, dass die Futterversorgung nicht ganz so übel war, wie es das ewige Meckern vermuten ließ.
Gewiß, es gab weniger Wehrpflichtige in der DDR als Anekdoten über das kuriose Leben in den bewaffneten Einheiten, über die Geschehnisse in den 21 VoPo-Bereitschaften und im Basdorfer "U-Boot" im besonderen, die durch die Lande wabern.
Eine Sonnenuhr, die nur die schönen Stunden anzeigt, hätte, sämtlichen, oft übertriebenen Geschichten vom Armeealltag zum Trotz, oft keine Beschäftigung.
Meine Lieblingsoma, (wir sind quasi als Oma-Kinder aufgewachsen) meine Oma Else erweckte einen abgestandenen uralten Armeewitz zum Leben, ohne einen Splint aus der Handgranate zu ziehen.
Sie starb, "einfach so" und "vermachte" mir einen Tag Sonderurlaub.
Gern hätte ich auf sämtlichen Urlaub während meiner 18monatigen Dienstzeit verzichtet...
Dessau sah mich nach der Armeezeit nur kurz wieder.
Es folgte der Besuch der Polizeischule in Potsdam.
Anschließend blieb ich in Berlin.
Nicht nur der Luft und der ersten Wohnung im Seitenflügel eines Hinterhofs in der Ückermünder Straße wegen.
Dienst in der "Tiefe der Staatsgrenze", Streifeneinzeldienst im Prenzlauer Berg zu Fuß und im Funkwagen verschafften mir Bewegung, die durch die Liebe und Gründung einer Familie ergänzt wurde. Meine Angehörigen nannten mich fortan "Meister Grünrock".
Es folgte eine Tätigkeit als Gehilfe beim Offizier vom Dienst in der Volkspolizei-Inspektion in der Schönhauser Allee, meine Kündigung bei der Schutzpolizei und der Beginn einer jahrelangen Tätigkeit im Paß-und Meldewesen, einem Arbeitsparadies für Frauen, dem Männer kaum teilhaftig werden konnten.
Für mich wurde der neue Job in den Meldestellen der Polizei ein halbes Arkadien, weil der vorwiegende Tagesdienst mit freien Wochenenden dem Familienleben zuträglich war. Die Zusammenarbeit mit weiblichen Polizeiangehörigen und Zivilbeschäftigten kann ich als interessante, nicht selten schlüpfrige und teilweise gruselige Erfahrung beschreiben, weil bereits damals verklärte Oden über das Frausein, über die Mehrfachbelastung als Mutter, Hausfrau, Kollegin, Kämpferin und Arbeiterin gesungen wurden, die fernab des wirklichen Leistungsvermögens- und willens lagen. Im marxistisch-leninistisch, ideologisch korrekten Sprachgebrauch fehlte zwar das Wort Quote, doch die im Vergleich mit der gesamten Truppenstärke der Berliner Polizeiinspektion Prenzlauer Berg zahlenmässig kleine Gruppe von Frauen dürfte überdurchschnittlich Beförderungen und Prämien abgegriffen haben...
Ich mehrte ´rum bis zum Dienstgrad Obermeister und begann ein Fernstudium an der Offiziersschule des Ministeriums des Innern in Aschersleben.
In all diesen Jahren wurde die Berliner Luft nicht zwingend besser, war ´mal so und ´mal so, während der Anteil der Zeit, die ich im sogenannten Büromief relativ bewegungsarm verbringen musste, wuchs.
Dann wurde die Berliner Mauer "umgeschubst" und ich zum Polizei-Offizier (Unterkommissar) ernannt. Von der Prenzelberger Meldestelle in der Immanuelkirchstraße verabschiedete ich mich nach einer der üblichen Schmutzkampagnen der Bild-Zeitung und landete auf der (West-) Berliner Meldestelle 21 in der Spandauer Radelandstrasse.
Die Arbeit in der Berliner "Zitadellenstadt an der Havel" war indes nur ein Intermezzo.
Ich wurde "gegauckt", von den "Wessis" übernommen, verlies aufgrund der Ausgliederung der Meldestellen die Polizei und war fortan ein Dutzend Jahre in der Ausländerbehörde - erneut vorwiegend bewegungsarm, am Schreibtisch sitzend hinter einem PC (aus heutiger ein Computer-Dinosaurier) - als angestellter Sachbearbeiter in einem Buchstabensachgebiet tätig.
Die Berliner Ausländerbehörde war ein Bürokratiemonster, das der einheimischen Bevölkerung die Illusion von Rechtstaatlichkeit "verkaufte", während es tatsächlich als finanzielle Versorgungseinrichtung für die Berliner Anwaltsschwemme wirkte.
Als stolzer, alter, weißer Ossi fand ich es toll, feststellen zu können, das auf beiden Seiten der ehemaligen Berliner Mauer die Dumm- wie auch die Klugheit vom Herrgott gleich verteilt worden war.
Als Atheist forderte ich: "Herr, lass Hirn regnen... oder mit Spreewasser getaufte feuchte Kuhfladen! Hauptsache, du triffst. Die Mauer ist weg."
Der gewünschte Niederschlag blieb erwartungsgemäß aus.
Nicht nur in meinem beruflichen Leben sondern auch im Privaten.
Meine Zusammenarbeit mit einer Schmargendorferin in der "Verwaltungsbehörde für die nicht autochthone Bevölkerung Berlins" war keineswegs eine Ost-West-Groschenheft-Romanze.
Der weibliche Wessi gehört zum Jahrgang 70 während ich zum Zeitpunkt des Mauerfalls bereits 2 x 18 Jahr alt war. Dennoch war es für mich, auch mehr als eine Dekade nach der bejubelten deutschen Einheit, interessant einen intimeren Einblick in eine noch immer andere Welt hinter "behind the German Wall in the West", dem ehemaligen Kleinod architektonischer Hässlichkeit in Beton, zu erhalten.
Fuhr ich doch bis zu meinem Ausstieg aus dem Berufsleben täglich zweimal über eine imaginäre Grenze.
Eine Ü-30-Ladenhüterin, am Verblühen und depressiv, mit laut tickender biologischer Uhr, deren Fahrten auf dem Schwanzkarussel kürzer und seltener werden trifft auf einen gestandenen Kerl und Vater in der Midlife-Crisis, der davon träumt noch einmal mit seinem Südpol statt Kopf zu denken.
Soweit nicht unbedingt ungewöhnlich - zumindest nicht bis zur außerhalb einer Besenkammer erzeugten Zwangsvaterschaft, dem erfolgreich umgesetzten Plan B der Frau, die den Mann nicht zu halten vermochte.
Der Herr hielt den von mir geforderten "Hirnregen" weiterhin zurück, doch ich besann mich, dachte klarer, "nördlicher" und geil frei.
"Es ist wie es ist."
Ich erkannte die Vaterschaft an und versprach meinem ungeborenen Kebskegel, wie ihren beiden Halbschwestern, ein redlicher und guter Vater zu sein.
Gedacht, getan und ohne Umweg geradlinig "klar Schiff gemacht".
Dann verfing sich die Ablehnung der Elternschaft durch die Mutter in der Schiffsschraube und wurde im April 2014 zur Geburtsstunde der Website Sorgerechtapartheid.de.
Bereits im Jahr 2002 trennten sich die Irrwege der Schmargendorferin und des Pankowers, nicht nur die beruflichen in der Abteilung IV, der Ausländerbehörde des LABO (Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten).
Aufgrund politischer Vorgaben wurde in der Ausländerbehörde kontinuierlich und über Jahrzehnte der Rechtbruch vorbereitet der im Sommer des Jahres 2015 mit der organisierten Völkerwanderung und dem Teddybärenwerfen auf Reisende aus fernen Ländern seinen vorläufigen Höhepunkt fand.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich allerdings die Ausländerbehörde, u.a. aufgrund einer Operation am offenen Herzen, schon lange hinter mir gelassen.
Nach einer Tätigkeit als Kugelschreiberhalter beim Zentralen Service des LABO vergnügte ich mich die letzten Arbeits- und Dienstjahre in der Straßenverkehrsbehörde des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg.
Zum Glück hat jede Wurst zwei Enden.
War ein nicht wohlschmeckendes Würschtelende meine Versetzung in den Stellenpool, so war das andere Ende lecker, weil Altersteilzeit im Stellenpool zwingend (gesetzlich) zu gewähren war.
Das fand ich wiederum toll, weil ich richtig frische und gesunde Luft nur noch auf Urlaubsreisen mit der Familie erhielt, meine Bewegungsaktivitäten zu wünschen übrig ließen und mein Lebend- (Über-)gewicht sich mittlerweile auf 105 Kilo eingepegelt hatte. Mit dem daraus errechneten Body-Maas-Index konnte und wollte ich mich nicht rühmen.
In frühen Jahren beeinträchtigte das sporadische Tragen von Gasmaske und "Vollkörperkondom" mit Stahlhelm die ungehinderte gesunde Frischluftzufuhr.
Die bis zum Ende des Jahrtausends fehlende Verfemung des Rauchens war dem Vertreiben meiner im Paß-und Meldewesen "erkämpften" Archivblässe so wenig förderlich wie das Inhallieren von Autoabgasen als Schupo auf Fußstreife oder im Funkwagen oder später als Angestellter im öffentlichen Innendienst des Landes Berlin auf dem Weg von und zu wechselnden Dienststellen.
Als Computer noch Science-Fiction und zunächst nur filmisch getrickst bei der Raumpatrouille und in Romanen von Stanislaw Lem auftauchten hatte ich oft eine Hautfarbe kreideweiß wie eine Karteileiche.
Dank Archivstaub der Meldestellen ein Bleichgesicht statt ein gesunder Lakota-Defa-Indianerhäuptling.
Aber auch im www-Zeitalter musste ich mich fast ausschließlich in geschlossenen Räumen des Öffentlichen Dienstes "verlustieren" um das notwendige Geld für den Schrippenkauf und zum Leben zu verdienen. Die sauerstoffreiche, gesunde Frischluftzufuhr im Urlaub, auch wenn sie im Orinokodelta oder am Mittelmeer erfolgte, war zu gering und nicht geeignet mich optisch unter die gesundheitausstrahlenden Darsteller von Bauer sucht Frau zu mischen.
Zum Glück änderte sich das mit unserem Hausbau im Jahr 2007.
Statt an der großen Elbe oder der kleinen Spree wohnen wir nun an der Laake, einem kleinen Wasserlauf der gaaaanz langsam bis zur Panke seinen 4,3 Kilometer langen Wasserweg folgt.
Fast wie ein Labsal kommen meinem Riechzinken heute die Geruchswolken in meinen Riechzinken vor wenn die Grubenabfuhr ( Karow ist noch immer nicht an das örtliche Abwassernetz angeschlossen) kostenintensiv und ökologisch schädlich, unsere Fäkalien abpumpt.
Endlich musste ich, obwohl zwischenzeitlich zum erstarrten Kugelschreiberhalter mutiert, ´ran, körperlich arbeiten und ´raus an die frische Luft im "Karower Auenland".
Das war und ist gut.
Vielleicht fängt das Leben wirklich erst mit 65 an nachdem sich mein Qxygen-Kreislauf-des-Lebens geschlossen hat.
Ich will noch von dem Sauerstoff profitieren den mein gepflanzter Judasbaum produzieren wird!!!